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MOTHER OF ALL ARTS - Ein Resümee


Mit der Veranstaltungsreihe „Mother of all Arts“ - konzeptionell entwickelt von Lukas Feireiss - wollte die „Initiative Haus Marlene Poelzig“ eine Brücke schlagen von den Entwicklungen rund um das Haus Poelzig und in der Vergangenheit liegenden Ungerechtigkeiten ins Heute. Mit der Frage, inwiefern die bewegende Geschichte des Hauses und seiner Architektin wichtig für unsere Gegenwart und eine bessere Zukunft sein kann, werden Bezüge zum Heute und Möglichkeiten gesucht, die immer noch notwendige Aufklärungsarbeit in den Fokus zu rücken.

Um die drei  wunderbaren Abende unserer Vortragsreihe „Mother of all Arts“ noch einmal Revue passieren zu lassen, haben wir die die wichtigsten Gedanken, Erkenntnisse und Projekte zusammengefasst. Es war eine sehr wertvolle Zeit, in der wir uns mit zahlreichen sehr inspirierenden Menschen mit unterschiedlichen Ansätzen austauschen durften. 
Wir wollen uns nochmals bei allen Beteiligten bedanken, die sich mit uns zusammen engagiert haben, die Gastgeber*innen waren und von denen die Vortragsreihe getragen wurde.

 

RUN THE WORLD | 25.11.21 | Berlinische Galerie

Angelika Hinterbrandner, Anna Yeboah, Alex Auris und Hannah Cooke im Gespräch mit Matylda Krzykowski
 

Bei der Auftaktveranstaltung RUN THE WORLD am 25. November 2021 sprachen in der Berlinischen Galerie vier junge Architekt*innen, Künstler*innen und Kulturschaffende über neue Wege in eine postkoloniale, inklusive und transformierte Welt, in der sie leben und arbeiten möchten.

„Die Agenda zwischen jedem der Teilnehmer hier am Tisch hat mit Transformation oder Systemveränderung zu tun.“ (M. Krzykowski)

Die Ambition, das bestehende System zu durchkreuzen, begann schon mit dem außergewöhnlichen Setup der Gesprächsrunde. Matylda Krzykowskis Anliegen, das klassische Format der frontalen Präsentation aufzuheben und in eine gemeinsame Konversation umzuwandeln, bestimmte den Abend.

Über das Internet zugeschaltet, leitete Jan Schultheiß die Veranstaltungen mit bewegenden Worten ein. Den Abrissstart des Hauses Marlene Poelzig verband er mit der kritischen Frage, ob dem Haus das gleiche Schicksal widerfahren wäre, hätte es der berühmte Architekt Hans Poelzig gebaut. Die Frage ist nicht zu beantworten, bleibt aber als Denkanstoß für eine kritische Betrachtung unserer Erinnerungskultur bestehen.

Mit der Frage also, wie wir in unserer Gegenwart handeln und arbeiten können, welche Praktiken und Handlungsansätze wir verfolgen können, um eine gleichberechtigte Zukunft zu erreichen, begann das Gespräch am Tisch. Dabei beschränkte sich die Fragestellung nicht nur auf eine aufgeklärte und gerechtere Zukunft im Bauwesen, sondern wurde durch die verschiedenen Ansätze der Teilnehmenden auf viele weitere Themenfelder erweitert und eröffnete die Möglichkeit, die unterschiedlichen, aber auch parallelen Problematiken und Lösungsansätze zu vergleichen.

Die Teilnehmenden zeigten mit Blick auf die Fragen nach Dekolonialisierung, alternativen Raumpraktiken, Feminismus und Inklusion ihre beeindruckenden Arbeiten und Interventionen, mit denen sie auf bestehende systemische Ungerechtigkeiten aufmerksam machen und dagegen vorgehen.

 Anna Yeboah als Gesamtkoordinatorin des Modellprojekts „Decoloniale Erinnerungskultur in der Stadt“ setzt sich für die Initiative Schwarzer Menschen ein.

Das Projekt versucht, die koloniale Vergangenheit Berlins und Deutschlands differenziert zu reflektieren und sichtbar zu machen. Im Gegensatz zu bisherigen Aufklärungsprojekten sind zum ersten Mal betroffene Nachkommen bei der Aufarbeitung dabei und bringen eine wichtige und neue Perspektive in das Projekt ein. Die Initiative kuratiert Ausstellungen, bietet ein Residenzprogramm an und möchte durch städtische Interventionen und performative Aktionen das Narrativ neu beeinflussen und ändern.

„Von meiner Seite aus kann ich sagen, dass Dekolonialisierung als Ziel verstanden werden kann. Es wurde noch nicht erreicht. Wir wissen nicht, wie es sein wird, wenn dies passiert. Aber es ist eine Entscheidung, es zu versuchen und es besser zu machen.“ (A. Yeboah) 

Alex Auris beschäftigt sich in seiner Recherche mit dem Thema der Queerness. Er versteht Queerness als eine Lebensweise, sich dem patriarchalen System entgegenzustellen.

„Queerness impliziert eine politische Position und eine andere Sichtweise. Gewissermaßen eine Position, um Dinge anders anzugehen und zu ändern.“ (A. Auris) 

Er drehte in Brüssel einen Film, der ihn durch die Stadt und ihre unterschiedlichen Nachbarschaften führte, vom sehr konservativ geprägten Mollenbeek in das offene und internationale Exeln.
Er geht der Frage nach, wie die verschiedenen Orte einer Stadt unterschiedliche Erfahrungen insbesondere bei LGBTQ-Personen hervorrufen, und wie das Verhalten der Menschen durch ihre Umgebungen beeinflusst wird. Die Vielschichtigkeit von Erfahrungsräumen und Empfindungen im Stadtraum ist zentrales Thema. Er zeigt darüber hinaus, welches alternative Netzwerk sich aufspannt und die Aufmerksamkeit auf die queere Gemeinschaft richtet.

Für die Aufdeckung struktureller Probleme in der Kunstwelt leistet Hannah Cooke mit ihren Arbeiten einen wertvollen Beitrag und stellt dabei Bezüge zu Marlene Poelzig im Spannungsfeld ihrer Rollen als Mutter und Künstlerin her: Ihre Videoinstallation Ada vs. Emin und Ada vs. Abramovic kritisiert Zitate zweier weltberühmter Künstlerinnen, welche den Erfolg als Künstlerin gleichzeitiger Mutterschaft kategorisch ausschließen und somit den Druck auf die Frauen in der Kunstbranche erhöhen.


Im Zuge der Protestaktion der Initiative Haus Marlene Poelzig im Sommer 2021 entwickelte Hannah Cooke eine neue Plakette. Prominent am Grundstückseingang angebracht, würdigt sie Marlene Poelzig als Architektin des Hauses; ebenso erwähnt sie Hans Poelzig und die gemeinsamen Kinder. Es liegt Hannah Cooke fern, auszugrenzen oder zu ersetzen. Vielmehr geht es ihr um die korrekte Darstellung des Wirkens von Marlene Poelzig als Architektin und Künstlerin. Dabei möchte sie auch auf die bedeutende Zusammenarbeit mit ihrem Mann und das Familienleben hinweisen.

Für mehr Inklusion und somit die Chance, Netzwerke in der Bauwelt zu bilden setzt sich Angelika Hinterbrandner mitunter im Rahmen der Online-Plattform „kntxtr“ ein. Auf dem Instagram-Kanal sowie auf ihrem eigenen Account werden Themen von der Klimakrise über Arbeitsbedingungen bis hin zur Wohnungsnot hinterfragt und diskutiert sowie Informationen, Veranstaltungen und verschiedene Stimmen und Vorträge geteilt.

„Inklusives und intersektionales Lesen und Denken der Gesellschaft ermöglicht mir zu verstehen, wo ich stehe und wie ich mit der Welt umgehen muss, um Unterdrückung nicht weiterzugeben, sondern die eigenen Fähigkeiten und Privilegien zu nutzen, um einen anderen, besseren Zugang zu gewähren.“
(A. Hinterbrandner)

Im Rahmen des Projekts „A Global Moratorium on New Construction“ initiiert von Charlotte Malterre-Barthes in Kooperation mit Brandlhuber+ macht sich Angelika Hinterbrandner stark für ein Neubaumoratorium und für einen neunen Blick darauf, wie wir zusammenleben möchten und als Planende unsere Umwelt mit den vorhandenen Ressourcen nutzen wollen. Um alte Konventionen und Planungspraktiken für eine nachhaltigere Zukunft zu überwinden, fordert das Moratorium ein fundamentales Umdenken in Planungsprozessen und eine neue Wertschätzung für das, was bereits vorhanden ist. Diese Ambition strebte die Initiative mit dem Erhalt des Hauses ebenso an.

 "Es geht darum, Normen, Vorschriften und Rollenkonzepte zu brechen. Das Erlernte zu verlernen."
(M. Krzykowski)

Der Abend war gefüllt mit inspirierenden Projekten und verschiedenen Herangehensweisen, um auf eine offenere und diversere Zukunft hinzuarbeiten. Alle Teilnehmenden stellten bestehende Systeme infrage und wiesen auf die Vielschichtigkeit verschiedener Realitäten hin. Die Aufklärung sowie das Networking verschiedener Akteur*innen, um weitere Möglichkeitsräume zu schaffen, spielte für alle eine wichtige Rolle und war sehr inspirierend.

Das Video zeigt einen Zusammenschnitt des Abend. 

Schauen Sie sich  außerdem gerne die Projekte der Teilnehmenden genauer an:

Alex Auris: https://www.alexauris.com/
Hannah Cooke: https://hannahcooke.de/, www.ato.vision/hannah-cooke
Angelika Hinterbrandner: https://www.ahinterbrandner.com, https://kontextur.info/, https://stopconstruction.cargo.site/
Matylda Krzykowski: http://matyldakrzykowski.com/
Anna Yeboah: https://www.dekoloniale.de/de/about

 


BONNY & CLYDE | 16.06.22 | Georg-Kolbe-Museum

Mit Jórunn Ragnarsdóttir & Arno Lederer, Kyung-Ae Kim & Max Julius Nalleweg, im Gespräch mit Dr. Adria Daraban


Der Garten des Georg-Kolbe-Museums bot ein wunderschönes Ambiente für unseren zweiten Abend der „Mother of all Arts“. Das Museum ist im Kiez des ehemaligen Hauses Marlene Poelzig angesiedelt. Und auch die enge Verbindung und Kooperation zwischen den Poelzigs und Georg Kolbe(u.a. beim Haus des Rundfunks) bot einen geeigneten symbolischen Rahmen für die Veranstaltung.

Es sprachen Architekt*innenpaare u.a. über die Architektur des Hauses Marlene Poelzig zwischen Wohnen, Arbeiten, Landschaft und Moderne sowie die Bedeutung seiner Zerstörung. Der Dialog stand im Spannungsfeld zwischen dem Haus – ggf. als „Ikone einer anderen Moderne“ und Symbol der Emanzipationsgeschichte der Architektur – und Fragen der geteilten Autorenschaft bei Paaren, die zusammen arbeiten, zusammen leben und zusammen Kinder erziehen: Wie gelingt es, gemeinsam zu arbeiten, und wie verändert das gemeinsame Arbeiten die Arbeit? Und warum ist die Chronologie der Architekturgeschichte meist geprägt von Männern, deren Partnerinnen nur Nebendarstellerinnen sind und deren Autorenschaft nicht publik wurde?

Die Diskussion zeigte insbesondere zwei Aspekte sehr deutlich: (1) die Bedeutung des kollektiven, gemeinschaftlichen Wirkens, damals wie heute. Allein, so die Diskutant*innen, entwirft man anders als zu zweit. Denn Architektur entsteht im Moment – jenseits der Technik – und in der Atmosphäre, in der man im Alltag lebt und diskutiert, denn wir schöpfen und (er)finden aus dem, was wir sehen, hören und fühlen. Aus dieser Energie und Inspiration können neue Lösungen in der Architektur entstehen. Das Kollektiv schließt hier die soziale und gesellschaftliche Dimension der Architektur ein: Denn neben dem Technikverständnis sind die Bildung der Architektin oder des Architekten und die Auseinandersetzung mit Musik, Theater, Literatur etc. ganz maßgeblich: Durch die Suche nach Horizontalität und die Verbindung dieser Elemente – und durch die Auseinandersetzung mit dem jeweiligen Ort – kann es gelingen, Architektur nicht linear zu denken und ein Umfeld für alle zu schaffen. Nur in diesem schöpferischen Konglomerat können sich eine Vorstellung von Leben und Gesellschaft und daraus ein Entwurf entwickeln.

Der kulturelle Kontext des Ehepaares Poelzig veranschaulicht dies: u.a. zeigen seine Verbindungen zur Künstlervereinigung „Der Ring“, zum Film und zur Szenografie vielfältige Einflüsse in ihrer teilweise expressionistischen Formsprache und ihrer Verwendung szenischer Elemente.

Außerdem betonten die Teilnehmenden (2) die Sensibilität im Entwurf, die soziale Komponente als Entwurfswerkzeug hinter der Architektur. Beim Haus Marlene Poelzig lassen sich die sozialen Kompetenzen Marlene Poelzigs gut erkennen: Hier verzahnen sich Architektur, Natur und Lebensalltag – möglicherweise ist dies auch ein Teil der Emanzipation hin zu einem kontextuellen Verständnis, die das weibliche Denken über Architektur integriert. So drückt bspw. der Spielbereich der Kinder neben der Küche den Wunsch nach der Autonomie der Kinder aus – das Haus ist nicht nur Körper und Hülle, sondern wird auch zum sozialen Werkzeug. Ähnliche Sensibilitäten finden sich ebenso in den Werken anderer Paare.

Ein – für das Haus Marlene Poelzig und andere Zeugen der Moderne – wichtiger Exkurs zum Denkmalschutz stellte die Frage auf, ob hier künftig nicht neue Ansätze gefunden werden müssen. Eine These: Alles sollte, aus baukulturellen und klimabezogenen Gründen, unter Denkmalschutz gestellt werden, und ein Abriss darf nur dann erfolgen, wenn er nachweislich Situation und Umfeld deutlich verbessert. Die Fragen zum Denkmalschutz sollten künftig weiter vertieft und die vielen Facetten, die sie bergen, beleuchtet werden, darunter: Welche Rolle spielt die Autorenschaft bei der Frage, ob Dinge bestehen bleiben? Und wurde das Haus Marlene Poelzig abgerissen, weil es von einer weniger bekannten Frau entworfen wurde, dazu nicht in einer Hauptströmung der Moderne?

Das Verständnis der beiden o.g. Thesen, das sich im Haus Marlene Poelzig manifestiert, kann auch Orientierungshilfe beim Blick ins Heute und Morgen sein, um über unsere Zeit und unser Tun als Entwerfende nachzudenken. In unserer heutigen neo-liberalen Zeit (die auch zum Abriss des Hauses führte) können nicht Werkzeuge und Technik zur Lösung von Zukunftsherausforderungen beitragen, sondern soziale und kulturelle Kompetenz und Phantasie.

Im Ergebnis ist die Veranstaltung auch ein Appell und eine Einladung an die Architektur, sich als gemeinsame Anstrengung in Form von (Büro-, Lebens-,) Partnerschaften, als Organismus, der als kollektives Element jenseits von Hierarchisierung wachsen kann, zu verstehen.


Schauen Sie sich gerne die Projekte der Teilnehmenden genauer an:

Jórunn Ragnarsdóttir & Arno Lederer: https://ledererragnarsdottir.de/de, https://www.archlro.de/de
Kyung-Ae Kim & Max Julius Nalleweg: https://www.kimnalleweg.com
Dr. Adria Daraban: https://www.archimaera.de/author?contributor=Daraban,%20Adria, https://www.modellromantik.uni-jena.de/beteiligte/kollegiatinnen-2-kohorte/adria-daraban

 

Family Affairs | 30.06.22 | Dachgeschoss

Katharina Blaschke, Fabian Zimmermann, Hannah Cooke, Sibylle Wagner, Alex Besta und Antonia Noll im Gespräch mit Hannah Klein


In einer lichtdurchfluteten Dachgeschosswohnung fand die letzte Veranstaltung der Reihe „Mother of all Arts“ zusammen mit einem kleinen Publikum vor Ort und per Livestream statt.

Kuratiert von ato versammelten sich Hannah Cooke, die bereits an der ersten Veranstaltung beteiligt war, Alex Besta und Sibylle Wagner, die ebenfalls als Künstlerinnen mit ato zusammenarbeiten, Katharina Blaschke als Enkelin der Poelzigs und Antonia Noll als Mitglied der Initiative an einem Tisch. Ebenso nahm Fabian Zimmermann digital teil, der Enkel der Landschaftsarchitektin Herta Hammerbacher, die in Kooperation mit Marlene Poelzig den Garten des Hauses in der Tannenbergallee entwarf.
Thematisiert wurden das „gemeinsame Arbeiten eines Künstlerpaares“, die „Werkschau Marlenes“ von Bildhauerei über Architektur bis zum Setdesign, die „Frage nach Urheberschaft“ und die „künstlerische Forschung“ zu Familien heute.

Über vier Kameraperspektiven (aus der Vogelperspektive, aus der Teilnehmenden-Perspektive, einer Frontalkamera und einer Tischkamera) konnten die ca. 40 Zuschauer*innen das lebhafte Gespräch am Tisch - eingedeckt mit Recherchematerial wie Fotos und Skulpturen - verfolgen.

Das experimentelle Hybridformat zwischen privatem Abendessen und Livestream bot verschiedene Perspektiven aus Wissenschaft, Kunst und Gesellschaft. Wissenschaftlerinnen wie Dr. Heike Hambrock und Tanja Scheffler gaben ausführliche Hintergrundinformationen und Einblicke in die zeithistorischen Kontexte.
Die Künstlerinnen Sibylle Wagner, Alex Besta und Hannah Cooke stellten Methoden der künstlerischen Forschung vor und erörterten den Gedanken eines „Denkmals der gelebten Utopie Moeschke-Poelzig“, während Antonia Noll im Namen der Initiative die verschiedenen Gesprächsfäden feinfühlig zu Statements bündelte. Höhepunkt dieses heißen Mittsommerabends war der spontane Vortrag der Briefe zwischen Hans und Marlene von ihrer Enkelin Katharina Blaschke.
Gespannt verfolgten wir intime Einblicke in die Beziehung zweier Kunstschaffenden, die überaus modern war und sich auf Augenhöhe bewegte. Wie die Runde der Teilnehmenden feststellte, bleibt kein Zweifel mehr daran, dass Hans und Marlene an einem gemeinsamen Werk arbeiteten. „Die besten Arbeiten sind zusammen entstanden“, so Heike Hambrock. Und es wurde deutlich: Es besteht noch erheblicher weiterer Forschungsbedarf, um Marlene Poelzig und ihr Werk verstehen und würdigen zu können.

Zahlreiche Hinweise und Fragen aus dem Chat zeigten das Interesse von Berlin bis Kalifornien, von wo sich der renommierte Architekturhistoriker Volker Welter zuschaltete. 

Schauen Sie sich gerne die Projekte der Teilnehmenden genauer an:

 

Alex Besta: https://alexbesta.net, www.ato.vision/alex-besta
Hannah Cooke: https://hannahcooke.de, www.ato.vision/hannah-cooke
Hannah Klein: www.ato.vision/hannah-klein
Sibylle Wagner: https://www.sibylle-wagner.de, www.ato.vision/sibylle-wagner
Fabian Zimmermann: https://atelier4d-architekten.de/

 

 

Mit der Dialogreihe MoaA kamen wir dem Geist Marlene Poelzigs und seiner Inspiration für das heute und morgen sehr viel näher und gaben viele Einblicke in die Werke und das Wirken von Meisterinnen des Bauwesens und der Kunst. Es konnten Impulse und Ideen entwickelt werden, wie eine neue Perspektive auf unsere Erinnerungskultur eine gegenwärtige Achtsamkeit für mehr Diversität und Gleichberechtigung fördern kann.

Nach weit mehr als einem Jahr im Kampf um den Erhalt des Hauses Marlene Poelzig bleiben Neugier und auch ein Scheitern, denn trotz aller Öffentlichkeit erfolgte der komplette Abriss bei einer maximalen Preissteigerung des Grundstücks. Doch das Scheitern war schöner anzusehen und informativer als viele Gewinnerprojekte und hat vor allem selten so viel Lust auf mehr gemacht.

 

 



Abriss – das Haus Marlene Poelzig ist Geschichte | Aber das Rad dreht sich immer weiter
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Berlin, 5. November 2021
Trotz internationaler Proteste, Debatten und Einwände wurde am 1. November der Abriss des Hauses Marlene Poelzig in Berlin-Westend begonnen. Die Initiative Haus Marlene Poelzig, die sich seit Monaten und bis zuletzt intensiv um den Erhalt dieses einzigartigen Kulturdenkmals bemüht, ist darüber bestürzt.

Um ein Zeichen gegen den Abriss und für die Anerkennung des Lebenswerks der Architektin zu setzen – stellvertretend für viele zu wenig gewürdigte Lebensläufe von Architektinnen und Baumeisterinnen – lädt die Initiative die interessierte Öffentlichkeit am 11. November zu einem besonderen Laternenumzug ein: in Anlehnung an die beiden außergewöhnlichen Lampen, die Marlene Poelzig für den Lichthof im Haus des Rundfunks gestaltete, hat die Künstlerin Julia Ziegler Papierlaternen entwickelt. Nach der Performance zum 90. Geburtstag des Hauses an der Masurenallee ist dies nun der zweite Anlass, die Arbeit der Architektin zu würdigen. Einige der Marlene-Laternen stellt Julia Ziegler bereit; alle Teilnehmenden des Umzugs werden gebeten, ihre eigene Laterne mitzubringen.

Der Abriss
Die bisherige Eigentümerin , die Tannenberg GmbH (Geschäftsführender Gesellschafter Aleksandar Obradovic), hatte das Haus seit Jahren leer stehen lassen, seines Dachs beraubt und verkommen lassen – trotz der wachsenden und immer lauter werdenden Öffentlichkeit, die einen hohen Wert im Haus sah und seinen Erhalt forderte. Auf unzählige Anfragen der Initiative um ein Verhandlungsgespräch seit mehr als einem Jahr ging die Eigentümerin nicht ein. Leider hat die Initiative von einem kürzlich erfolgten Eigentümerwechsel erst zu spät erfahren und wurde am 1. November vom Beginn des Abrisses überrascht.

Eine gültige Abrissgenehmigung liegt seit geraumer Zeit vor. So konnte die Initiative zwar mit ihrer Protestaktion am 2. November den kompletten Abriss ein wenig verzögern, aber nicht mehr verhindern. Doch klar ist auch: Wenn es im letzten Jahr einen guten Willen gegeben hätte und der besondere Wert des Hauses gesehen worden wäre, wäre das Haus vermutlich tatsächlich zu retten gewesen; kreative Ideen und konkrete Ansätze gab es zuhauf. Eine Neuaufnahme der Debatte um die Denkmalwürdigkeit von Gebäuden mit kulturhistorischer Substanz in Berlin dringend geboten.


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● Tag des Offenen Denkmals 11.09.2021: Die Initiative beteiligte sich am  Programm des Tages und stellte sich „im Umfeld“ vor.
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● Feierlichkeiten 90 Jahre Haus des Rundfunks 10.-12.09.2021: Das von Hans und Marlene Poelzig gestaltete Haus bietet zum Jubiläum ein umfangreiches Programm. Die von Marlene Poelzig entworfenen Lampen für den großen Lichthof wurden durch eine künstlerische Installation neu interpretiert und inszeniert.
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● Audiowalk „Kolbes Kiez“: Das Georg-Kolbe-Museum hat einen Audiowalk entwickelt und am 14.8. vorgestellt. Unter den 15 Stationen werden das Haus Marlene Poelzig und mehrere Häuser der ersten praktizierenden Architektin Deutschlands, Emilie Winkelmann, vorgestellt. 
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● Demonstration Zur Rettung des Hauses Marlenne Poelzig 18. Juni 2021

„Wer heute kommt, meint es ernst“ – So wahrheitsgetreu beginnen die Vorbereitungen zur Demonstration vor dem ehemaligen Wohnhaus der Familie Poelzig und tatsächlich sind die Gegebenheiten nicht auf ein entspanntes Vorbeischlendern mit ein bisschen Aktivismus ausgelegt:  Es hat weit über dreißig Grad, die Sonne brennt geradezu vom Himmel und es ist bereits Freitagnachmittag, 16 Uhr am 18. Juni 2021, weit außerhalb des Stadtkerns im Berliner Westend. 

+ Berliner Woche, 24.06.21 
+ Berliner Abendblatt, 24.06.21 
+ taz.de, 18.06.21 
+ Berliner Zeitung, 18.06.21  
+ Süddeutsche Zeitung, 18.06.21
+ rbb Kultur, 18.06.21
+ Deutschlandfunk Kultur, 19.06.21  
+ perlentaucher Das Kulturmagazin, 18.06.21
+ Moderne Regional, 12.06.21

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INITIATIVE

Ein Meisterinnenstück. Das Haus von Marlene Poelzig.
(Tannenbergallee 28, 14055 Berlin-Westend)

INITIATIVE HAUS MARLENE POELZIG
Ziel der Initiative Haus Marlene Poelzig ist es, das einzigartige Gebäude und einmalige Denkmal der Emanzipationsgeschichte in der Architektur zu erhalten und wieder zu einem Ort des Zusammenlebens, des Nachdenkens und der Diskussion von Architektinnen und Bauschaffenden zu beleben.

DIE VISION
Das Haus Marlene Poelzig soll als Künstlerinnenresidenz ein Ort internationaler Begegnungen werden, an dem jedes Jahr Stipendiatinnen gemeinsam leben und arbeiten. Die Residenz hält das Andenken an die Architektin Marlene Poelzig wach und fördert zugleich die Gleichstellung von Frauen in Bauwesen und Baukultur.

Demonstration zum Erhalt des Hauses, 18.06.2021 

MARLENE POELZIG
Marlene Moeschke-Poelzig (1894-1985) war eine deutsche Bildhauerin und Architektin. Mit ihrem Mann, dem Architekten Hans Poelzig, verband sie bis zu dessen Tode 1936 eine enge und künstlerisch sehr fruchtbare Partnerschaft. 1920/21 gründete sie gemeinsam mit ihrem Mann das Bauatelier Poelzig, dass sie nach dessen Tod auf noch einige Zeit alleine fortführte. 1937 musste sie das Bauatelier jedoch auf Druck der NSDAP auflösen.

Anders als viele andere Frauen konnte sie bauen und war u.a. am Haus des Rundfunks an der Berliner Masurenallee, an den Entwürfen für das Berliner Messegelände und an Hans Poelzigs Einfamilienhaus für die Stuttgarter Weißenhofsiedlung von 1927 beteiligt. Das Berliner Atelier-und Wohnhaus des Architektenpaares in Berlin-Westend entwarf sie allein. Zwar ist ihr Beitrag zu den Großprojekten ihres Mannes Hans Poelzig, unter denen Theaterbauten für Max Reinhardt und Stummfilme unter der Regie von Paul Wegener hervorragen, unumstritten, doch konnte sie sich, anders als ihr weltberühmter Mann, nicht gebührend im Geschichtsnarrativ einschreiben.

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 Portrait Marlene Poelzig

GEBÄUDE
Das Haus Marlene Poelzig in Berlin-Westend wurde 1930 nach dem Entwurf Marlene Poelzigs errichtet, die zusammen mit ihrem Mann Hans Poelzig auch Bauherrin war. Sie diente als Wohn- und Atelierhaus für die gemeinsame Familie mit drei Kindern und bot der Bildhauerin und Architektin aufgrund ihres speziell auf die Bedürfnisse der Poelzig-Familie zugeschnittenen Raumkonzepts die Möglichkeit, Berufsausübung, künstlerische Betätigung, Familienleben und Kindererziehung in einem ganz neuen Ambiente zu vereinen. 1937 verkaufte Marlene Poelzig ihr Wohnhaus, verließ Berlin und lebte im letzten Abschnitt ihres Lebens wieder in ihrer Heimstadt Hamburg. Den Garten des Hauses gestaltete 1931 maßgeblich die Gartenarchitektin Hertha Hammerbacher.

Das Landesdenkmalamt Berlin entschied 1990 gegen einen Denkmalschutz für das Haus, weil es 1954 zu stark umgestaltet worden war. 2020 wurde eine Petition gestartet, um das Haus vor dem drohenden Abriss zu retten und um die Aufnahme in die Berliner Denkmalliste zu bewirken. Daran anknüpfend, gründete sich 2020 die Initiative Haus Marlene Poelzig. Der Eigentümer des Grundstücks plant, das Haus abzureißen und auf dem Grundstück Wohnungsneubau zu realisieren. Das Gebäude befindet sich derzeit in einem ruinösen Zustand.

Haus Poelzig, 1932, Entwurf und Ausführung  Marlene Poelzig. 

BLICK IN DIE ZUKUNFT: KÜNSTLERRESIDENZ
Seit mehr als 100 Jahren sind Frauen im Architektenberuf tätig. Frauen stellen im Rahmen des Architekturstudiums heute sogar die Mehrheit der Studierenden. Trotzdem setzen sich bis heute nur wenige Frauen in diesem Beruf durch. Vor diesem Hintergrund soll sich das in Deutschland und weltweit einzigartige Stipendiatinnen-Programm des Hauses Marlene Poelzig explizit an Frauen in Bauwesen und Baukultur richten. Es soll ein Haus werden, an dem herausragende Persönlichkeiten im Austausch untereinander und mit einer breiten Öffentlichkeit grundlegenden Fragen der Baukultur nachgehen und neue Ansätze für alle, die am Bau beteiligt sind, aus einer geschlechtergerechten Perspektive entwickeln.

Die geplante Künstlerresidenz im Haus Marlene Poelzig soll mit ihrem disziplinübergreifenden Programm dem Geist Marlene Poelzigs verpflichtet sein. Als ein Ort künstlerischen Schaffens und intellektuellen Austauschs für „Meisterinnen des Bauwesens“ soll die Künstlerresidenz ihren Stipendiatinnen dem Nachgehen individueller Projekte dienen. Dabei soll die anregende Wirkung des alltäglichen Zusammenlebens der Stipendiatinnen unterschiedlicher Fachrichtungen und Kulturen im Zentrum des Hauses Marlene Poelzig stehen.

DER WEG IN DIE ÖFFENTLICHKEIT
Schon ab Sommer 2021 trägt die Initiative einen offenen Dialog zu Marlene Poelzigs Werk mit unterschiedlichen medialen Formaten in die breite Öffentlichkeit. Beim Festival Women in Architecture Berlin wurde im Juni für die Würdigung des Werks von Marlene Poelzig und für den Erhalt des Hauses demonstriert, ebenso wurde eine künstlerische Intervention in Erinnerung an Marlene Poelzig enthüllt. Gleichzeitig baute die Initiative ihre Webseite (www.hausmarlenepoelzig.de) auf.

Im Herbst/Winter 2021 soll im Rahmen der Diskussionsreihe „Mother of all Arts/Mutter aller Künste“ die Rolle von Frauen in Bauwesen und Baukultur thematisiert werden. 

Darüber hinaus könnte die Wiederinstandsetzung und/oder Umnutzung des Hauses Marlene Poelzig Studierenden der Architektur an verschiedenen Universitäten zur praktischen Arbeit an einem konkreten Entwurfsprojekt dienen, sofern der Zugang zum Gebäude gewährt wird.

Gedenktafel_Marlene-Poelzig_Mauer_frontal

Gedenktafel 

MOTHER OF ALL ARTS

Knapp 100 Jahre nach dem Bau des Hauses Marlene Poelzig hat sich die Situation für Frauen in der Architektur nicht grundlegend verbessert: Diversität in Kunst und Kunsthandwerk ist auch heute noch keine Selbstverständlichkeit. 2006 waren 58 % der Architekturstudierenden Frauen, allerdings findet sich 2017 unter den Top 20 der Architekturbüros in Deutschland kein einziges, welches von einer Frau oder einem Team von Frauen geführt wird. Ebenfalls liegt das Einkommen von Frauen als angestellte Architektinnen in Vollzeit knapp 30 % unter dem ihrer männlichen Kollegen.

Nach der Sicherung des Gebäudes möchte die Initiative langfristig den Geist Marlene Poelzigs weiterführen mit einem in Berlin und Deutschland einmaligen Stipendiatinnen-Programm für „Meisterinnen des Bauwesens“ – Architektinnen und Bauschaffende, die hier arbeiten und wohnen: Einem Haus für alle, die am Bau beteiligt sind, einem Ort der Diskussion und der Entwicklung neuer Ansätze („Bauhütte“). Es ist vorgesehen, dass sich als „Meisterinnen“ Architektinnen, Gestalterinnen, Landschaftsplanenerinnen, Architekturhistorikerinnen, Bauhistorikerinnen, Bauingenieurinnen, Kulturschaffende und Handwerkerinnen bewerben können.
Die 3-4 langfristigen Residenzen sollen regelmäßig ausgeschrieben und gemeinsam kuratiert werden, um ein kreatives Miteinander zu ermöglichen. Das Haus soll regelmäßig für die interessierte Öffentlichkeit geöffnet werden. 
 Dafür gibt es einen einmaligen Ort, das von Marlene Poelzig geschaffene Haus in der Tannenbergallee 28, einem einmaligen Denkmal der Emanzipationsgeschichte in der Architektur und dem einzigen Bauwerk, für das Marlene Poelzig allein verantwortlich zeichnete. 
Als ein Ort kreativen Schaffens und intellektuellen Austauschs soll die Residenz ihren Stipendiatinnen ermöglichen, individuellen und interdisziplinären Projekten in Architektur und Kunst nachzugehen. Dabei soll die anregende Wirkung des alltäglichen Zusammenlebens der Stipendiatinnen unterschiedlicher Fachrichtungen und Kulturen im Zentrum stehen; regelmäßig soll der Ort für die interessierte Öffentlichkeit öffnen.

VORTRAGSREIHEN

- neue Termine stehen fest- 

BONNIE & CLYDE
Jórunn Ragnarsdóttir & Arno Lederer, Kyung-Ae Kim & Max Julius Nalleweg
sprechen mit Dr. Adria Daraban über die Architektur des Hauses zwischen Wohnen, Arbeiten, Landschaft und Moderne, sowie die Bedeutung seiner Zerstörung. 
Donnerstag, 16. Juni 2022, 19 Uhr | Georg Kolbe Museum |
Die Bar des Museums ist bereits ab 18 Uhr für Sie geöffnet. 

FAMILY AFFAIRS - ÖFFENTLICHE RECHERCHE - Was ist der stand des Wissens, zum Haus Marlene Poelzig, wo braucht es noch Recherche?
Familien als Werkarchiv und Informationsquelle. Gemeinsam mit Katharina Blaschke und Fabian Zimmermann (Nachfahren) betrachten wir Briefe, Skizzen und bisher unveröffentlichtes Material.
Der Abend wird Kuratiert von ATO.Vision 
Donnerstag, 30. Juni 2022, 19 Uhr | Online | Veranstaltungslink folgt

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KONTAKT

ANSPRECHPARTNER
Felix Zohlen

0157-72071324
info@hausmarlenepoelzig.de

Jan Schultheiß
info@hausmarlenepoelzig.de

PRESSEANFRAGEN
Elisabeth Friedrich &
Alexander Flöth

mail@artefakt-berlin.de